BeTrieb als externe Vertrauensstelle

BeTrieb als externe Vertrauensstelle

Mitarbeitende müssen wissen, an wen sie sich wenden können, wenn sie sich belästigt oder schikaniert fühlen.

Diverse Unternehmen und Institutionen haben uns als externe Vertrauensstelle bestimmt. Wir übernehmen vertraglich geregelte Mandate, gemäss denen wir die Angestellten anonym und auf Kosten des Arbeitgebers für eine begrenzte Anzahl Sitzungen beraten. Ziel ist Hilfe zur Selbsthilfe, Empowerment und Information über verschiedene Vorgehensmöglichkeiten. Die externe Vertrauensstelle berät auch Vorgesetzte in schwierigen Situationen.

Andere Arbeitgeber bezeichnen interne Vertrauenspersonen. Diese sollten auf ihre Beratungsrolle vorbereitet und dafür ausgebildet werden. BeTrieb übernimmt die Ausbildung interner Vertrauenspersonen.

Drei Beispiele aus der Beratungspraxis von BeTrieb

(anonymisiert)

Der Vorgesetzte hat eine Idée fixe

Evelyn Kurz, 27, ist Sachbearbeiterin in einem Bauunternehmen. Sie ist unsicher, ob sie bei der externen Vertrauensstelle überhaupt am rechten Ort sei: «Es ist ja gar nichts passiert. Aber mein Vorgesetzter Herbert Lang schwatzt in jeder Kaffeepause von Frauen mit Silikonbrüsten. Ich kann es schon nicht mehr hören. Er ist völlig besessen von diesem Thema. Es ist ja nicht gegen mich… Was soll ich nur tun!?»
Hier hilft bereits die Klärung, dass es sich durchaus um sexuelle Belästigung handelt, wenn Frau Kurz die Sprüche des Vorgesetzten unangenehm sind. Dies sowohl gemäss Gleichstellungsgesetz wie gemäss Reglement der Arbeitgeberin. Frau Kurz fühlt sich gestärkt durch das Wissen, dass sie sich wehren darf, gemäss Reglement sogar wehren soll, und dass sie auch Kündigungsschutz hat, wenn sie dies tut. Einige Wochen später schreibt sie in einem Mail an BeTrieb, dass sie mit dem Vorgesetzten unter vier Augen gesprochen habe. Der sei zugleich verlegen und bestürzt gewesen. Ihm sei dies gar nicht bewusst gewesen, dass sie sich unangenehm berührt fühle. Er habe seither keine solchen Sprüche mehr gemacht.

Angst vor Gewalt

Jean Duvalier, 49, ist Vorgesetzter in der Ostschweizer Zweigstelle eines nationalen Unternehmens. Er hat einen langjährigen Mitarbeiter, Rolf Müller, 61, der sehr loyal ist, aber auch eine schwierige Persönlichkeit. Eine Mitarbeiterin hat sich sich bei Jean Duvalier über Rolf Müller beschwert. Der habe auf obszöne Weise darüber gesprochen, dass er es sich mit ihr auch mal vorstellen könnte.

Jean Duvalier will seine Verantwortung wahrnehmen, hat aber akute Angst vor seinem unberechenbaren Mitarbeiter. «Rolf Müller ist unberechenbar. Ich habe die Vorstellung, dass er am nächsten Tag mit der Knarre kommt, wenn ich mit ihm spreche. Ich weiss, dass er zuhause eine hat!»
Die externe Vertrauensstelle schaltet im Einverständnis mit Herrn Duvalier den obersten Personalchef ein, welcher in Bern lebt und arbeitet, und dadurch weniger exponiert ist. Dieser ist einverstanden, das heikle Gespräch in Anwesenheit von Jean Duvalier zu führen. Rolf Müller gibt den Übergriff zögernd zu, akzeptiert den ausgesprochenen Verweis und ist bereit, sich bei der Mitarbeiterin zu entschuldigen. Das Gespräch verläuft ruhig und der Konflikt kann beigelegt werden.
Natürlich hätte sich Jean Duvalier auch direkt an den Personalchef wenden können, er kam aber gar nicht auf diese Idee. Er war gelähmt vom Widerstreit zwischen Verantwortungsbewusstsein und Angst. Manchmal kann ein Blick von aussen neue Möglichkeiten erschliessen.

«Wir sind doch alle Menschen…»

Ruth Bühlmann, 55, ist Buchhalterin in einem mittleren Unternehmen. Sie beschwert sich bei der externen Vertrauensstelle von BeTrieb über ihre Vorgesetzte Annette Hermann. Diese verhalte sich zu Ruth Bühlmann ungeduldig und herabsetzend, während sie andern gegenüber nett sei. Das gehe Richtung Mobbing! Sie berichtet ziemlich giftig, Annette Hermann habe keinen Partner und sei wohl darum so unzufrieden. Sie habe dies der Chefin schon mehrmals signalisiert und beispielsweise zu ihr gesagt: «Hast du dir auch schon überlegt, warum du immer Migräne hast?»
Die Beraterin von BeTrieb macht Frau Bühlmann darauf aufmerksam, dass sie mit solchen Bemerkungen zur feindseligen Haltung der Vorgesetzten beitrage. Frau Bühlmann reagiert abweisend: «Wir sind doch alle Menschen, ich darf auch einer Chefin sagen, was ich denke.»
Die Beraterin versucht Frau Bühlmann zu zeigen, dass solche diffusen Anspielungen, ob nun einer Vorgesetzten oder einer Mitarbeiterin gegenüber, nicht auf Begeisterung stossen können. Sie empfiehlt ihr, stattdessen konkrete Situationen im Arbeitsalltag anzusprechen, wenn sie sich benachteiligt fühle. Frau Bühlmann wirkt nicht überzeugt, will es aber probieren, da sie ihre Anstellung als gefährdet erlebt.