Was ist Mobbing?

Was ist Mobbing?

Es finden sich verschiedene Definitionen von Mobbing. Wegleitend sind in Bundesgerichtsurteilen verwendete Begriffsklärungen

Die Beratungsfirma BeTrieb arbeitet mit der Definition des Bundesgerichts:

«Mobbing ist zu verstehen als systematisches, feindliches, über einen längeren Zeitraum anhaltendes Verhalten, mit dem eine Person an ihrem Arbeitsplatz isoliert, ausgegrenzt oder gar von ihrem Arbeitsplatz entfernt werden soll.»

Mobbinghandlungen können die Arbeit behindern, die physische oder psychische Gesundheit verletzen, sowie das Selbstwertgefühl der betroffenen Personen beeinträchtigen.

 

Zur Frage der Dauer

Der bekannte Forscher Heinz Leymann legte für seine Untersuchungen fest, dass Mobbing mindestens ein halbes Jahr dauern müsse. Wir von BeTrieb waren jedoch mit Ereignissen konfrontiert, die zweifelsfrei als Mobbing bezeichnet werden mussten, auch wenn sie sich innert weniger Wochen abgespielt hatten.

So hängte ein Arbeitgeber aus Ärger über eine während ihrer Schwangerschaft mehrmals krank geschriebene Mitarbeiterin eines Tages alle Arztzeugnisse am schwarzen Brett auf. Mehrere derart massive Handlungen erlauben es, von «Mobbing» zu sprechen, auch wenn sie sich nicht über ein halbes Jahr erstrecken

«Täter» – «Opfer» – «Täter-Opfer»

Kleiner wissenschaftlicher Exkurs

Bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz ist meist leicht festzustellen, wer belästigt hat und wer belästigt wurde: X macht eine sexistische Bemerkung über das Aussehen von Y – Y ist verletzt.  Ob die Begriffe «Täter» und «Opfer» für eine solche Situation hilfreich sind, ist eine andere Frage. Oft werden sie in der Literatur unhinterfragt gebraucht. In der Welt des Rechtes ebenso, dort allerdings darf von «Täter» oder «Täterin» nur die Rede sein, wenn die Schuld feststeht. Vor der Verurteilung ist von der «angeklagten» oder «beschuldigten» Person die Rede, vom «vermeintlichen Täter».  In unserer Arbeit haben wir oft das Gefühl, dass das vorschnelle Benützen dieser Begriffe eine statische Sicht auf die Geschehnisse schaffen oder verfestigen kann.

Dies gilt insbesondere für Mobbing. Sicher gibt es Situationen, wo Menschen andere gezielt und systematisch ausgrenzen und entmachten, wo «Täter» und «Opfer» zu Recht so bezeichnet werden. Im Alltag unserer Beratungen und Abklärungen jedoch stossen wir meist auf Situationen, die alles andere als klar sind. Wer hat wem was zuleide getan? Wer hat worauf reagiert? Beschuldigte erleben ihr Verhalten als gerechtfertigte Reaktion auf vorangehende Ereignisse.  Immer wieder stellt sich uns die Frage: Ist unser Gegenüber Mobber, Gemobbter oder womöglich beides zugleich?

Françoise D. Alsaker, Psychologieprofessorin an der Universität Bern, erforschte Mobbing unter Kindergartenkindern und Schülern (Alsaker, Françoise D.: Quälgeister und ihre Opfer. Mobbing unter Kindern und wie man damit umgeht. Huber 2003/04).  Alsaker konnte vier Kategorien von Kindern klar unterscheiden: Täter, Opfer, Unbeteiligte und … Täter-Opfer. Die Täter-Opfer sind Kinder, die andere plagen und zugleich selber geplagt werden. In mancher Hinsicht weisen sie die gleichen Merkmale auf wie die Kinder aus der Tätergruppe: aggressives verbales und physisches Verhalten oder Prahlen – in anderer Hinsicht gehören sie zur Opfergruppe: Sie sind einsam und wenig beliebt bei den andern Kindern, haben Anpassungsprobleme und oft Sprachschwierigkeiten.

Unserer Erfahrung nach gibt es die Kategorie der Täter-Opfer auch bei den Erwachsenen. Sie bedürfen besonderer Unterstützung und klarer Führung. Auf theoretischer Ebene verweist dies darauf, dass die Kategorien «Täter» und «Opfer» die Sicht auf die wirklichen Geschehnisse verstellen und damit Veränderungsprozesse erschweren können.

Mobbing oder Konflikt?

Die Frage ist falsch gestellt. Der Begriff «Konflikt» umfasst von der fairen, sachbezogenenen Auseinandersetzung über aufgeladenen Streit bis hin zu Kriegshandlungen alle Eskalationsstufen. «Mobbing» ist dabei eine bestimmte hocheskalierte Form von Konflikt mit spezifischen Merkmalen.

Ob aus einer angespannten Situation ein Mobbingprozess wird, hängt sowohl vom Verhalten der/s Mobbenden ab, als auch vom Empfinden und den Reaktionen der gemobbten Person. Auch der organisationale Rahmen spielt eine entscheidende Rolle. Mobbing am Arbeitsplatz entsteht am ehesten dort,

  • wo über lange Phasen Stress herrscht,
  • wo unter wirtschaftlichem Druck ein Kampf um Arbeitsplätze entbrennt oder durch Umstrukturierungen die Macht neu verteilt wird,
  • wo schlecht geführt wird. Das Verhindern von Mobbing ist in erster Linie Führungsaufgabe!